Hintergrund
Die MOJUGA stellt in der Offenen Jugendarbeit fest, dass immer mehr Jugendliche unter Stress leiden. Die Selektion nach schulischem Erfolg findet bereits ab Primarstufe statt. Danach steigt die Anzahl Schulstunden stetig, die Hausaufgaben und Prüfungsvorbereitungen nehmen zusätzlich Zeit in Anspruch, daneben stehen Hobbys auf dem Programm. Dieser mit zunehmendem Alter immer stärkere Zeit- und Erfolgsdruck und die damit verbundene Angst, dereinst zu den gesellschaftlichen Verlierern zu gehören, ist in der Jugendarbeit deutlich spürbar.
Gemäss einer Erhebung der Pro Juventute mit schweizweit 56 Schulklassen stehen 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter hohem Stress. Während bei Kindern unter 11 Jahren 26 Prozent gestresst sind, sind es den über 14-jährigen bereits 45 Prozent. Mit der Corona-Pandemie dürften die Zahlen deutlich zugenommen haben, darauf deuten die Beratungszahlen bei Hilfsangeboten hin.
Gefühl von Überforderung
Ein voller Terminkalender verursacht noch nicht unbedingt Stress. Stress empfindet ein Kind dann, wenn es fürchtet, eigenen und äusseren Ansprüchen nicht mehr gerecht zu werden. Auch problematische Beziehungen zu Eltern, Lehrpersonen und Gleichaltrigen sowie einschneidende Erlebnisse sind grosse Stressfaktoren. Nicht zuletzt haben Jugendliche das Gefühl, digital ständig präsent sein zu müssen. Was auch immer sie ins Netz stellen, lässt sich nicht mehr löschen. Ihre Beiträge werden permanent kommentiert und bewertet.
Während bei Kindern vor allem körperliche Beschwerden wie häufige Kopf- und Bauchschmerzen, Einschlafstörungen, Antriebslosigkeit oder Appetitlosigkeit auf Stress hinweisen, zeigt sich Stress bei Jugendlichen eher auf der emotionalen und psychologischen Ebene. In der Jugendarbeit lässt sich seelisches Ungleichgewicht in Form von übertriebenem Aufmerksamkeitswerben, übermässigem Cannabis-Konsum, extremer Langeweile oder starkem sozialem Rückzug beobachten.
(Bildquelle: Pro Juventute)
Empfehlungen der MOJUGA
Falls Sie bei Ihrem Kind solche Symptome erkennen, sprechen Sie das Thema an, versuchen Sie die Stressfaktoren zu ergründen und überprüfen Sie gemeinsam, ob es Möglichkeiten gibt, den Stress zu reduzieren. Hobbys sollten einen Ausgleich und keine zusätzliche Überforderung darstellen. Vielleicht tut es Ihrem Kind gut, wenn die Familie unverplante Wochenenden hat oder wenn es nach der Schule erst einmal nach draussen geht, bevor es Hausaufgaben macht.
Entspannungsmöglichkeiten schaffen
Suchen Sie gemeinsam auch nach neuen Wegen, mit Stressfaktoren umzugehen: Wenn Stress zeitlich begrenzt und mit einem Ziel verbunden ist, kann er als Ausdruck eines kreativen und befriedigenden Prozesses sein und im Anschluss durch Entspannung ausgeglichen werden. Sucht Ihr Kind nicht selbst nach Entspannungsmomenten, dann entspannen Sie gemeinsam. Halten Sie regelmässig Zeiten frei, die Ihrem Kind ermöglichen, eigene Impulse zu spüren, auch wenn es dabei Angefangenes liegen lässt, scheinbar ziellos agiert oder nur herumsitzt.
Machen Sie Ihren Kindern klar, dass Sie als Eltern jederzeit für Hilfe verfügbar sind. Schaffen Sie regelmässig Gelegenheiten für unverbindliche Gespräche. Eine gute Möglichkeit ist es, diese mit gemeinsamen Aktivitäten zu verbinden.
Eigene Anforderungen überprüfen
Überprüfen Sie Ihre Anforderungen an Ihr Kind und versuchen Sie Ihre Vorstellungen mit den Talenten, dem Entwicklungstempo und der Motivation Ihres Kindes in Einklang zu bringen. Bedenken Sie, dass wir in der Schweiz durchlässiges Bildungssystem haben und Jugendliche auch nach der obligatorischen Schulzeit noch genügend Möglichkeiten haben, eine höhere Bildung zu beginnen oder einen beruflichen Weg zu finden.
Vergleichen Sie es nicht mit anderen Kindern und machen Sie ihm klar, dass Sie seinen Wert nicht nach seinem schulischen Erfolgen bemessen. Leben Sie ihm selbst eine gewissen Gelassenheit vor: Lassen Sie mal den Haushalt liegen oder einen Termin sausen, wenn Sie müde sind. Zeigen Sie Gefühle, wenn Sie selbst überfordert sind. Zeigen Sie ihm, dass es okay ist, nicht perfekt zu sein.
Stress und Jugendarbeit
Die Offene Jugendarbeit ist für Jugendliche ein besonders wichtiges Angebot, weil sie keinerlei Leistungsanspruch oder unausgesprochene Erwartungen für eine erfolgreiche Zukunft hat. Mit ihrem Fokus auf die Gegenwart und das aktuelle Befinden der Jugendlichen, schaffen Jugendarbeitende eine Basis für deren physisch und psychisch gesunde Zukunft.
Zwar bietet die Offene Jugendarbeit Projekte und Aktivitäten an, die Lernfelder wie Organisationskompetenz, Kreativität oder sozialen Umgang bedienen, jedoch ohne Zielerwartung. Vielmehr wird Kindern und Jugendlichen Raum gegeben, um ihre persönlichen Interessen in ihrem persönlichen Tempo zu entfalten. Alle Angebote sind freiwillig und für alle offen.
Wie sehr Jugendliche diesen Ausgleich schätzen, zeigt sich etwa darin, dass sie Jugendarbeitende bei Problemen ins Vertrauen ziehen. Immer wieder melden sie aber auch explizit zurück, dass sie froh seien, im Jugendtreff keinem Programm folgen zu müssen und einfach sich selbst sein zu dürfen.