Medien zu Suizid
Bis zur TV-Ausstrahlung der Netflix-Serie ‘Tote Mädchen lügen nicht’ 2017 war das Themen Suizid in den Schweizer Medien kaum präsent. Das liegt vor allem daran, dass der Journalistenkodex aufgrund des Werther-Effektes (Nachahmungssuizide) zu grosser Zurückhaltung mahnt. Redaktionen achten darauf, nur über einen Suizid zu berichten, wenn ein öffentliches Interesse besteht und auch dann nur die zum Verständnis notwendigen Informationen zu nennen. Das bedeutet etwa, dass keine Details zur Person, zur Suizidmethode und zum Suizidort preisgegeben werden. Auch auf reisserische Überschriften sowie romantisierende und heroisierende Formulierungen soll verzichtet werden.
In jüngerer Zeit rückt zunehmend der Papageno-Effekt in das Interesse der Medienmacher. Es konnte nachgewiesen werden, dass eine lösungsorientierte Kommunikation helfen kann, Nachahmungstaten zu vermeiden und die Suizidrate zu senken. Eine schützende Berichterstattung zeichnet sich dadurch aus, dass sie Suizidmotive nicht auf eine einzige Ursache reduziert, sondern die individuelle Problematik erläutert, Lösungsansätze und professionelle Hilfsangebote aufzeigt.
Interessant war in diesem Zusammenhang die unterschiedliche Bewertung der Serie ‚Tote Mädchen lügen nicht’, die auch bei Schweizer Jugendlichen beliebt war. Sie thematisiert den Suizid eines 17-jährigen Mädchens, der auch explizit gezeigt wird. Während amerikanische Psychologen und Gesundheitsorganisationen vor der Serie warnten, weil sie den jugendlichen Suizid glorifiziere, sahen europäische Fachstellen darin eine überfällige Gelegenheit, sich mit diesem gesellschaftlichen Tabu auseinanderzusetzen. Schweizer Fachstellen raten Schulen, die Serie im Unterricht zu thematisieren, um die Verarbeitung der Inhalte nicht den Jugendlichen untereinander zu überlassen.